21. April 2024 - Heike Düwel
Zu Beginn einige Worte zum Förderkreis Umwelt- und Naturschutz Hondelage e.V. (FUN):
Seit der Gründung 1991 verfolgt der FUN das Ziel, die Biodiversität im Nordosten Braunschweigs und in der Gemeinde Lehre zu fördern und zu sichern. Auf der Grundlage des Natur- und Artenschutzes (Bundesnaturschutzgesetz und Bundesartenschutzverordnung) legte der FUN bis heute über 300 Kleingewässer an, renaturierte die Hagenriede, streckenweise die Schunter und den Rohrbruchgraben, pflanzte über 750 Bäume und Sträucher und pflegt 35 Streuobstwiesen.
Einige dieser Projekte wollen wir heute radelnd und erzählend näher betrachten. Vom Rathaus Lehre starten wir am 21. April bei 6 °C, leichtem Wind, trockenem Wetter in Richtung Hoheholz.
Das Hoheholz steht mit seinen Baumbeständen aus Eichen und Hainbuchen seit 2021 unter Naturschutz. Klein- und Mittelspecht, Kernbeißer und Baumpieper finden hier gute Bedingungen. Wir queren Bäche, Tümpel, entdecken die Große Sternmiere, Hahnenfußgewächse, das Wohlriechende Veilchen. Die Buschwindröschen, die den Waldboden bedecken, sind inzwischen abgeblüht.
Wir erreichen den Otteteich. Er ist nach Jörg und Stefan Otte benannt. Ihnen gehört das Grundstück, auf dem der FUN 2009 im Quellgebiet der Hagenriede dieses Biotop angelegt hat. Der Teich wird aus Grund- und Regenwasser gespeist. Da die natürliche Entwicklung abgewartet werden sollte, wurde er nicht bepflanzt. Inzwischen säumen Schilf-, Sumpf- und Wasserpflanzen das Ufer. Wasserfrösche, Libellen und Insekten haben sich angesiedelt und sind von der Beobachtungsplattform aus gut zu beobachten. Ein Idyll zum Innehalten.
Dennoch schwingen wir uns wieder auf die Räder, nehmen den Feldweg nach Groß Brunsrode, biegen auf die Bahnhofsstraße ab und erreichen den Köterkamp. Es duftet nach Kräutern und Wildblumen. Der Boden ist nach den langen Regentagen gut durchfeuchtet und es riecht etwas modrig.
Nach dem Rückbau der Schuntertalbahn und dem Ausbau der ICE-Trasse hat der FUN diese Fläche übernommen. Ein elf Kilometer langes „Grünes Schunterband“ mit Obstbäumen, Baumschnitt, Steinhaufen und zwei Gewässern wurde angelegt. So ist ein Kleinbiotop für Insekten, Amphibien, Libellen und Pflanzen entstanden.
Weiter geht’s bergab nach Flechtorf zu den Stemmwiesen. Die Stemmwiesen waren bis 2011 das größte Fließwasser-Renaturierungsprojekt des Landes Niedersachsen. Flächeneigentümer sind heute die Landesforsten und die Stiftung Naturlandschaft BUND.
Von 2011 bis 2012 wurde mit Baggern ein zweites Bett für die Schunter ausgehoben. Dadurch hat der Fluss seinen ursprünglichen Verlauf zurückgewonnen. Er fließt fröhlich über kleine Felsen und Wurzeln, bricht an einigen Ufern ab und bietet damit dem Eisvogel einen natürlichen Lebensraum. Mit etwas Geduld und Glück nimmt man am Pumpenhäuschen sitzend und lauschend Kranich, Weißstorch, Wachtelkönig, Schafstelze, Fischotter, Schmetterlinge und Insekten wahr.
Wir haben gut die Hälfte unseres Weges geschafft. Am Karpfenteich legen wir eine Picknickpause ein. Wir haben Glück, es ist nahezu windstill, die Wolkendecke ist aufgebrochen, die Sonne „schenkt uns wieder Wärme und Glanz“ (Rose Ausländer).
Für den Karpfenteich wurde 2012 ein Nutzungsvertrag zwischen den Landesforsten und dem FUN geschlossen. In einer aufwändigen Aktion wurde er abgefischt und trockengelegt. Inzwischen haben sich Schilfpflanzen angesiedelt, mehrere Paare des Zwergtauchers fanden hier einen neuen Lebensraum, Amphibien nutzen ihn als Laichgewässer.
Zurück radeln wir durch das Beienroder Holz. Dieses FFH- und Vogelschutzgebiet stellt mit seinen uralten Eichen, Buchen, Hainbuchen, Ahornen (zwischen 145 und 165 Jahren) und Totholzbeständen ein Refugium für das Große Mausohr, den Großen Abendsegler, höhlenbrütende Vögel und besondere Käferarten dar. Zu unserer Freude gibt das Blätterwerk der Bäume an vielen Stellen noch den Blick auf diesen alten Baumbestand frei. Mit dabei sind Sauerklee, Wald-Geißblatt, Wald- und Schlüsselblume, Flattergras, Brombeere, Sternmiere.
Unser nächster Stopp gilt dem Gedenkort Muna, eine der 180 Heeresmunitionsanstalten während der NS-Zeit. Im Forst Kampstüh wurden in der ehemaligen Muna Lehre mehrere hundert Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, darunter 250 sowjetische Kriegsgefangene zur Arbeit im Rüstungsbetrieb gezwungen. Dem Engagement von Uwe Otte ist es zu verdanken, dass dieser Ort u.a. durch regelmäßige Führungen in unserer Erinnerung bleibt.
Zurück zum Rathaus gelangen wir über den „Promilleweg“ und halten am Bahndamm der „MUNA-Bahn“. Dieses inzwischen stillgelegte Gleis verband die Heeresmunitionsanstalt mit Lehre und sorgte für den Abtransport der Kriegsgüter. 2019 ersteigerte der FUN diese ca. 1,5 Km lange Bahnstrecke. Inzwischen bildet der Bahndamm eine „grüne Verbindungsstruktur“, die von der FUN-Ortsgruppe Lehre gepflegt wird.
Und damit wir mit Ihnen in Verbindung bleiben, laden wir Sie alle herzlich zum 15. Juni, ab 14.00h zum Tag der offenen Tür in das NaturErlebnisZenrum nach Hondelage ein (www.fun-hondelage.de).
Quellen:
Förderkreis Umwelt-und Naturschutz Hondelage e.V.: Natur in Hondelage, entwickeln, erhalten, schützen, Juli 2021 und Natur in Hondelage, Lebensräume – Pflanzen – Tiere, April 2022
Uwe Otte, Stefan Heinecke, Bettina Köching: „Volksgenossen die Fahnen raus!“, Eigenverlag. Lehre 1990
Rose Ausländer: Gedichte, S. Fischer Verlag GmbH, F/M 2001
Heike Düwel
FUN Hondelage