Geopunkt Mergelkuhle
Die Mergelkuhle
Nördlich von Hondelage in einigen hundert Metern Entfernung liegt die ehemalige Mergelkuhle des Ortes. Die Mergelkuhle ist Bestandteil eines geschützten Biotops und befindet sich im geologischen Sinne am Rande der „Hondelager Juramulde“. Die Grube hat sich durch Pflege- und Naturschutzmaßnahmen zu einem wichtigen und schützenswerten Kleinod für Flora und Fauna entwickelt.
Die alte Mergelgrube ist eingezäunt und nicht zugänglich, es werden dort bedeutende und unerlässliche Maßnahmen zur Pflege des Biotops durchgeführt. Am Rand der Grube ist ein sehr schönes 8 Meter langes Profil im Posidonienschiefer freigelegt, das durch eine große Informationstafel erläutert wird.
Vor dem eingezäunten Bereich der alten Mergelkuhle wurde in einem Bereich von ca. 10 m² der Oberboden entfernt und der Posidonienschiefer freigelegt. Hier kann von Jedermann nach Fossilien gesucht werden.
Die Grube ist Eigentum des Förderkreises Umwelt- und Naturschutz Hondelage e. V., der auf Anfrage auch Führungen anbietet.
Fossilien aus dem Posidonienschiefer sind im NaturErlebnisZentrum Hondelage, im Naturhistorischen Museum Braunschweig und im Geopark-Informationszentrum in Königslutter ausgestellt.
Die Juramulde
Vor ca. 185 Millionen Jahren, in der Zeit des Unterjuras, lagerte sich in Hondelage der Posidonienschiefer (Ölschiefer) ab. Das globale Klima in dieser Zeit war so warm, dass die Polgebiete eisfrei waren. Auch im Braunschweiger Raum herrschte ein tropisch-feuchtes Klima mit starkem Monsun-Regen im Sommer und Trockenheit mit hoher Verdunstungsrate im Winter. Zu dieser Zeit bedeckte ein epikontinentales Flachmeer, das sog. Posidonienschiefermeer, große Teile von Europa und Deutschland. In diesem Schelfmeer gab es viele Inseln bzw. Kleinkontinente. Zwischen ihnen, in den tieferen Becken des Meeres, lagerte sich ein Faulschlamm ab, aus dem im Laufe von Jahrmillionen der Öl- bzw. Posidonienschiefer gebildet wurde. Das Bodenwasser des warmen Flachmeeres war weitgehend frei von Sauerstoff. Dadurch wurde die bakterielle Zersetzung der niedersinkenden Organismenleichen verhindert, und es konnten gut erhaltene Fossilien entstehen.
Fossilienfunde, wie z. B. Insektenreste und Pflanzen, deuten auf küstennahe Ablagerungen hin. Der Posidonien- bzw. Ölschiefer enthält kein Öl, sondern einen hohen Anteil an Kerogenen (griechisch: das Brennbare), das sind sehr langkettige organische Substanzen, und erst durch Erhitzen (Schwelen) erhält man erdölartige Verbindungen. Der Posidonienschiefer ist benannt nach der im süddeutschen Raum in einigen Schichten massenhaft auftretenden Muschel Posidoniabronni (heute Steinmanniabronni). Im norddeutschen Raum kommt diese Muschel nur vereinzelt vor.
Die Enstehung des Posidonienschiefers
In dem warmen Flachmeer der unteren Jurazeit (Lias epsilon) erfolgten bei warmem Klima im sauerstoffreichen Oberflächenwasser regelmäßige Algenblüten. Nach dem Absterben sanken diese in sauerstoffarmes, wenig bewegtes Tiefenwasser ab und konnten am Meeresboden nicht mehr oxidativ abgebaut werden; sie verwesten unter Wirkung anaerober Bakterien unvollständig. Unter diesen Bedingungen entsteht auch der für Lebewesen giftige Schwefelwasserstoff – dadurch werden größere Mengen Schwermetall als Sulfide gefällt und ins Sediment eingebaut. Ein anderer Teil des Sediments besteht aus feinem Ton und Schluff, diese Bestandteile wurden über Flüsse vom Festland eingeschlämmt. Dieser Faulschlamm verfestigte sich im Laufe von Jahrmillionen unter dem Druck überlagernder Schichten und wurde zum Posidonienschiefer. Bei der Pressung (Sackung) und Entwässerung des giftigen Faulschlammes wurde das Sediment bis auf etwa ein Zwanzigstel seiner ehemaligen Mächtigkeit zusammengepresst.
Die Entstehung der Geoden
Die Geoden entstehen durch Kalkausfällungen im Sediment. Bei der Zersetzung von toten Tieren am Meeresgrund wird Ammoniak gebildet, das erhöht lokal den pH-Wert im Bereich des Meeresbodens. Ist im Bodenschlamm Calciumhydrogencarbonat gelöst, wird durch den erhöhten pH-Wert Kalk ausgefällt, und es kommt zur lokalen Anreicherung von diesem. In diesen Kalkgeoden sind die Fossilien vor Verformung geschützt und dadurch im Gegensatz zu den Schieferlagen plastisch erhalten.
Das Profil
Das aufgeschlossene Profil zeigt die charakteristischen Schichten des unteren Posidonienschiefers (unteres Toarcium). Früher wurden diese Schichten hier in der ehemaligen Mergelgrube abgebaut und zum “Mergeln” der umliegenden Felder benutzt. In der Hondelager Juramulde hat der Posidonienschiefer eine Mächtigkeit von ca. 25 – 30 m und kommt an den Rändern zu Tage. Er stellt eine Wechsellagerung von feingeschichtetem, bituminösem Schiefer, dickbankigen grauen Kalkbänken und Geodenlagen dar. Der Posidonienschiefer verwittert sehr tiefgründig und hinterlässt einen nährstoffreichen braunen Boden. Im östlichen Teil der ehemaligen Mergelgrube steht eine sehr harte, nur schwer verwitterbare Kalkbank an, die so genannte Pseudomonotis-Bank. Diese Kalkbank besteht aus unzähligen Muscheln (Pseudomonotis) und bildet eine deutliche Geländekante. Die bituminösen Schichten sind gekennzeichnet durch feine dunkle Lagen, die reich an fester organischer Substanz (Kerogen) und Pyrit (Schwefelkies) sind. Eingeschaltet zwischen den bituminösen Schiefern ist eine bis ca. 1 m mächtige gelblichgraue Kalklage (unter elegans-Bank). In ihr kommen massenhaft Fraßgänge (weit verzweigte Tunnelbauten sog. Chondriten), wahrscheinlich von Würmern, vor. Diese aktiven Bodenbewohner zeugen davon, dass der Meeresboden zumindest zeitweilig auch belüftet gewesen sein muss. Besonders charakteristisch für die Schichten des unteren Posidonienschiefers sind die horizontbeständigen Geodenlagen. Mit Hilfe der in den Geoden vorkommenden plastisch erhaltenen Ammonitenarten lässt sich der Posidonienschiefer in Norddeutschland in mehrere Zonen gliedern.
Die Fossilien
Die Versteinerungen kommen teilweise plattgedrückt in den Schiefern und teilweise plastisch erhalten in den Geoden vor. Die Posidonienschiefer enthalten Muscheln, Ammoniten, Belemniten, Krebse, Fische und Saurierreste. Sogar vom Festland her eingeschwemmte Insektenreste und Pflanzenfossilien (größtenteils von Nadelbäumen) wurden in einigen Schichten nachgewiesen. Der berühmteste Fund in der ehemaligen Mergelgrube ist allerdings ein ca. 2 m langes Meereskrokodil (Steneosaurus). Es wurde 1957 von Josef Winzierzc gefunden und ist im Naturhistorischen Museum in Braunschweig zu sehen.
Weitere schöne und wichtige Fossilien aus dem Ölschiefer sind im Geopark-Informationszentrum in Königslutter ausgestellt.
Michael Klopschar