GAK-Projekte
Aktionsprogramm Insektenschutz in der Agrarlandschaft
Der Rückgang der biologischen Vielfalt in Deutschland wie auch weltweit ist eine große Herausforderung. Die Landwirtschaft ist wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig auf eine intakte Umwelt und eine reiche Insektenfauna angewiesen. Deshalb hat die Bundesregierung im September 2019 das für bessere Lebensbedingungen für Insekten in Deutschland beschlossen. Zur Verbesserung der nationalen Finanzierung von Maßnahmen des Insektenschutzes im Rahmen des Aktionsprogramms wurde in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) der Sonderrahmenplan "Maßnahmen zum Insektenschutz in der Agrarlandschaft" eingerichtet.
Bei Maßnahme B „Förderung der Insektenvielfalt“ können Grunderwerb, investive Maßnahmen und die Erstellung von Schutzkonzepten einschließlich notwendiger Voruntersuchungen zum Zwecke der Schaffung, Wiederherstellung und Entwicklung von Lebensräumen sowie Lebensstätten für Insekten der Agrarlandschaft gefördert werden.
Im Rahmen dieser Maßnahme hat der Förderkreis Umwelt- und Naturschutz Hondelage e.V. (FUN) verschiedene Projekte gefördert bekommen.
Vorbemerkung
Der FUN setzt sich mit vielen Projekten für eine umfassende Naturschutzarbeit in Hondelage und Umgebung ein. Die Lebensraumverbesserung von bedrohten Tier- und Pflanzenarten sowie die Umweltbildung sind dabei oberste Zielvorgaben. Mehr als 400 Mitglieder unterstützen ehrenamtlich in mehreren Arbeits- und Ortsgruppen die Naturschutzarbeit. Der Verein engagiert sich im Arten- und Biotopschutz durch die Pflege von Lebensräumen und durch aktive Ansiedlungsprojekte. Zudem werden Tier- und Pflanzenarten kartiert. In den letzten 30 Jahren wurden mehr als 200 Projekte umgesetzt, über 300 Kleingewässer angelegt, Fließgewässerabschnitte renaturiert und 400 Obstbäume gepflanzt. Zurzeit pflegen wir etwa 55 ha Grünland durch eine extensive Rinderhaltung und bewirtschaften zwei Ackerflächen (anerkannt im DBU-Projekt "100-Äcker für die Vielfalt") zum Erhalt von seltenen Ackerwildkräutern.
Biodiversität in Hondelage
Seit 2006 bis November 2021 wurden vom FUN in einer eigenen Datenbank ca. 11.000 Datensätze im Bereich der Fauna und 3.000 Datensätze in der Flora in Hondelage erfasst. In den 27 faunistischen Artengruppen wurden ca. 1300 Arten dokumentiert. Als Beispiel seien folgende Zahlen genannt: 240 holzbewohnende Käfer, 186 Vogelarten und 63 Bienen und Hummeln. Von den Pflanzen wurden 709 Gefäßpflanzensippen und 33 Moose bestimmt. Zudem kommen bisher noch 110 Pilzarten vor. Damit ist Hondelage durch seine Vielfalt an Lebensräumen ein biologischer Hotspot in Niedersachsen.
Extensive Ganzjahresbeweidung mit Rindern
Eines der wichtigsten Ziele des Vereins ist die Förderung und der Erhalt der Biodiversität. Das gelingt sehr gut und nachhaltig mit der extensiven Ganzjahresbeweidung durch Rinder.
Zum Erhalt und zur Förderung der Artenvielfalt des Grünlandes wurden große Anstrengungen unternommen. Anfangs wurde die erste Fläche noch mit einem Mähbalken von Hand gemäht, das Mähgut zusammengeharkt und auf einem Komposthaufen gelagert. Ziel war, durch differenzierte Pflegemaßnahmen und Aushagerung wieder neue und seltene Pflanzenarten anzusiedeln. Nach und nach kamen weitere Grünlandflächen hinzu - eine manuelle Pflege war bald nicht mehr möglich. Zudem stellten sich die erhofften Erfolge auf Etablierung neuer Arten nicht ein.
Daher wurde die Grünlandpflege auf eine traditionelle Nutzung mit Weidetieren umgestellt. Zwei Schottische Hochlandrinder wurden gekauft - sie haben den Aktiven die Arbeit des Mähens abgenommen. Die Aufgaben verlagerten sich damit auf den Bau von Zäunen um die Weideflächen sowie die Betreuung und Winterfütterung der Tiere. Im Laufe der Jahre ist eine kleine Rinderherde entstanden. Im Laufe der Jahre konnte der FUN weitere Flächen zukaufen und Kompensationsflächen übernehmen – heute pflegt der Verein in ehrenamtlicher Arbeit ca. 55 ha miteinander vernetztes Grünland – vor allem im Auenbereich der Schunter in den Gemarkungen Hondelage und Dibbesdorf. Der Viehbestand ist auf 35 Tiere angestiegen. Zu den Hochlandrindern ist eine Zuchtgruppe von Wasserbüffeln dazubekommen. Die Tiere leben ganzjährig auf der Weide und werden ehrenamtlich betreut.
Verbesserungen zum Erhalt und zur Entwicklung des artenreichen Grünlandes in Hondelage
Um das Weidemanagement zu verbessern, hat der FUN 2017 einen Antrag beim NLWKN im Rahmen der Richtlinie „Landschaftspflege und Gebietsmanagement“ gestellt und gefördert bekommen. Im Rahmen dieses Projektes erfolgte 2018 eine Basiserfassung der Vegetation und eine Untersuchung von Zikaden und Heuschrecken. Die wichtigste Erkenntnis war, dass auf ganzjährig beweideten Flächen viel mehr Insektenarten vorkommen als auf unbeweideten Wiesen. Je größer die Beweidungsareale sind und je extensiver die Beweidung ist (0,3 -0,5 Großvieheinheiten je ha), desto höher ist die Artenvielfalt. Die Untersuchung hat allerdings auch gezeigt, dass sich das Arteninventar an Pflanzenarten in den letzten Jahrzehnten trotz unserer extensiven Pflege kaum verändert hat.
Um die Bewirtschaftung zu verbessern und große Grünlandareale zu schaffen, hat der FUN vom NLWKN im Rahmen der Richtlinie Landschaftswerte 2018 eine weitere Förderung erhalten.
Biotopschutz
Der FUN stellt erheblich viele Flächenanteile dem Biotopschutz zur Verfügung. Anfang 2023 beträgt die Gesamtzahl aller Flächen 149 mit insgesamt 144,03 ha. Davon sind 89 Flächen im Eigentum (45,84 ha) und 59 Flächen sind gepachtet (96,63 ha).
Bei der Landwirtschaftskammer sind 55 Schläge angemeldet. Für 51,36 ha gibt es eine Agrarförderung. Weiterhin werden 54 Landschaftselemente (Teiche, Hecken, Altgrasstreifen) innerhalb der landwirtschaftlichen Flächen mit insgesamt 2,32 ha gefördert.
Flächen ohne Förderung betragen 40,56 ha. Davon sind 17,58 ha nutzungsfreier Wald (Urwald, Gieseberg) mit 1,56 ha Schulwald. 12 Sukzessionsflächen machen 8,43 ha und Extensiv-Acker mit doppeltem Reihenabstand 3,95 ha. Der FUN pflegt zudem die vereinseigene Schuntertalbahntrasse mit 13,94 ha (9,68%).
Artenschutz auf Acker
Um gefährdete Arten auf dem Acker zu helfen, pflegt der FUN seit 10 Jahren zwei Schutzäcker. Die Bewirtschaftung der Getreidefelder auf den schweren Tonböden in Hondelage wird mit dem Pflug durchgeführt. Neben der Förderung der Zielart „Spießblättriges Tännelkraut“ profitieren viele weitere Ackerwildkräuter und die gesamte daran angepasste Nahrungskette, mit Insekten, Amphibien, Vögeln und Fledermäusen. Durch die Integration weiterer angekaufter Felder und in Abstimmung mit Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Braunschweig plant der FUN in Hondelage ein Schutzackerkonzept in Hondelage zu entwickeln und zu erweitern. Der Aufbau eines Schutzackerkomplexes aus möglichst vielen Einzelflächen als Trittsteinbiotope soll helfen die Artenvielfalt erhalten und zu erhöhen.
Strukturverbesserungsmaßnahmen
Mit folgenden Maßnahmen haben wir die Strukturvielfalt und somit das Angebot vielfältiger Teillebensräume für Insekten in der Agrarlandschaft erhöht:
- Verzicht auf Gifteinsatz und Düngung auf allen Flächen
- Einsaat von artenreichem Grünland
- Anlage von Kleingewässern
- Anlage von Hecken
- Anpflanzung von hochstämmigen Obstbäumen
- Anpflanzung heimischer Bäume wie Eichen, Hainbuchen, Holunder, Hasel, Schwarzpappel
- Anlage von Brachestreifen
- Gemüseanbau mit Kohl und anderen Sorten
- Getreideanbau mit doppeltem Reihenabstand und doppelter Saatdichte und wechselnden Kulturen
- Anlage von Vernetzungsstreifen
- Anlage von Blühstreifen
- Anlage von Altgrasstreifen
- Anlage von Totholz-, Stein-, Sandhaufen und Stroh- und Heuballen
- Entwicklung eines Schutzkonzepts
Fortführung der Maßnahmen
Die Bewirtschaftung der extensiven Acker- und Schutzackerflächen und des Grünlandes mit extensiver Rinderbeweidung übernimmt dauerhaft der FUN mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb dem ÖKOFUN. Mit Unterstützung des wichtigsten nationale Förderinstruments, die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) und der Stadt Braunschweig möchte der FUN das Schutzkonzept in Hondelage erweitern.